Die Orgel veranlaßte im Jahr 1991 die Société Académique "Arts, Sciences, Lettres" in Paris dazu, den Orgelbauer Jan L. van den Heuvel wegen seiner Verdienste für die Französische Orgelkultur mit der "Medaille de Vermeïl" auszuzeichnen
Die erste Orgel der Kirche Saint-Eustache in Paris, der Krönungskirche der französischen Köninge und Kaiser, wurde im 16. Jahrhundert gebaut. Viele andere sollten ihr noch folgen.
Die Orgelgeschichte der Kirche ist fast 150 Jahre lang von eine Reihe von Mißgeschichten bestimmt gewesen. Sie wurde eröffnet 1844 von dem Brand der im gleichen Jahr von der Firma Daublaine-Callinet neuerbauten Orgel, ausgelöst durch Charles Spackman Barker, den Konstrukteur des Instruments, der bei einer Reparatur eine Kerze in die Orgel fallen ließ.
1854 bauten Ducroquet und Barker ein neues Werk mit IV/P 68 Stimmen, an dem in kurzen Abständen immer wieder gearbeitet wurde: 1876/79 durch Merklin, 1926/32 durch Rinkenbach und Gonzalez, 1964/67 durch Herman und Gonzalez. Eine letzte reparatur 1972 durch Danion-Gonzalez hinterließ ein bald unspielbares Instrument. Schließlich wurde ein Neubau un Angriff genommen von Jean Dunand, der aber bald fehlschlug.
Ende 1985 hatten die ausgewählten Orgelbauer ihre Angebote eingereicht. Sie basierten auf einem entwurf, den der Jean-Louis Coignet als Sachverständiger entworfen hatte und der von Jean Guillou, dem Organisten an Saint-Eustache, und der Orgelkommission der Stadt Paris gebilligt worden war.
Nach dem Votum der Kommission, das gleiche stimmenzahl für die Firmen Van den Heuvel und Klais ergab, fiel die endgültige Wahl auf die Firma Van den Heuvel in Dordrecht in den Niederlanden. Der vertrag wurde unterzeichnet und sah den Beginn der Arbeiten für Herbst 1986 vor.
Die Fertigung des Instruments begann unmittelbar darauf in den Orgelbauwerkstatt und war im August 1988 beendet. Die Orgel war dort fertig spielbar aufgestellt - mit Aussahme natürlich des Gehäuses, das in der Kirche fest verankert blieb. Im Herbst 1988 wurden die Teile nach Paris transportiert und innerhalb von vier Monaten montiert. Die Orgel wurde fertiggestellt und im Frühjahr 1989 offiziell abgenommen.
Die Van den Heuvel-Orgel ist gänzlich neu, mit Ausnahme des Gehäuses und der Prospektpfeifen sowie einer kleinen Zahl von registern, die weiterverwendet wurden - darunter ein Bassethorn 8', das der berümte englische Orgelbauer Henry Willis Joseph Bonnen geschenkt hatte, der 1906 bis 1943 Organist an Saint-Eustache war.
Das Instrument zählt fünf manuale und Pedal. seine Disposition (101 Register, 8.000 Pfeifen) bietet eine Klangpalette von unvergleichlichem Reichtum.
Unter den außergewöhnlichen Charakteristika dieses Instruments sind folgende besonders bemerkenswert:
- das große Plenum auf dem 32' in Hauptwerk;
- die Obertonreihe bis zur None, in 32'-Lage im Pedal (Théorbe: 4 4/7' + 3 5/9') , in 16'-Lage im Grand-Choeur, in 8'-Lage im Solo (Harmoniques: 1 1/3' + 1 1/7' + 8/9'), bis zur Septime auf 8'-Basis im Positiv;
- das Plein-Jeu Harmonique 2-8r. im Grand-Choeur;
- das Ensemble der Tuben 16', 8', 4' im Grand-Choer, deren becher ins Kirchenschiff gerichter sind;
- die Zungenbatterie auf dem Contrebasson 32' im Schwellwerk;
- die fünf horizontalen Zungen des Solo, mit sechsfachen, steigendem Winddruck gespeist.
Bemerkenswert unter den außergewöhnlichen Farben ist auch die Serie der überblasende Flöten (8', 4', 2 2/3', 2', 1 3/5', 1') im Solo und eine Sesqualtera ins Hauptwerk.
Die Contre-Bombarde 32' verdient eine eigene Erwähnung. Dieses Register war im entwurf nicht vorgesehen. Da aber die vorhandene Trombone 32' (mit Holzbechern von bescheidener mensur) für eine Orgel dieser Größe nicht zureichend war, stifteten die Brüder Van den Heuvel die Contre-Bombarde 32'.
Die Orgel verfügt über zwei Spieltische mit fünf Manualen, der eine als Spielschrank mit mechanischer, der andere fahrbar im Kirchenschiff, mit elektrischer Traktur. Diese Spieltische sind mit zahlreichen Spielhilfen versehen, welche die Möglichkeiten des Instruments bereichern.
Schließlich kann der Organist seine Registrierungen speichern (20.000 Kombinationen).
Die beiden Spieltische sind fast identisch bis auf das Notenpult. Im mechanischen Spielschrank ist dieses reich geschnitzt und mit dem Wappen der Stadt Paris versehen, umgeben von der Devise "Soli Deo Gloria".
Der elektrische Spieltisch verfügt aber über mehrere Spielhilfen (u.A. Midi).
Ohne in eine erschöpfende technische Beschreibung des Instruments einzutreten, soll durch einige Beispiele der wirklich außergewöhnliche und schon beim Studium der Disposition augenfällige monumentale Charakter der Orgel hervorgehoben werden:
Die wesentliche Teile der Orgel sind auf fünf ebenen verteilt:
- im Schiff der fahrbare Spieltisch;
- auf der empore der Spielschrank, zwei Ventilatoren in ihren Gehäuse, drie Faltenbälge, die Barkermachinen und das Positif (Pos);
- auf der 1. Etage: Grand-Orgue (G-O), Pédale (P1: Anches; P2: Fonds; P3: Mutations) die Tuben des Grand-Choeur (T) sowie ein Ventilator im Gehäuse und acht Faltenbälge;
- auf der 2. Etage: Récit (Réc) und Grand-Choeur (G-Ch), zwei Ventilatoren und sechs Faltenbälge;
- auf der 3. Etage: Solo (S) mit Horizontaltrompeten (Ch), ein Ventilator und sechs Faltenbälge.
Hölzerne Treppen erlauben einen leichten Zugang zu allen Teilen der Orgel. Der Eingang zur Tribüne und die Türen zum Orgelgehäuse wurden von Van den Heuvel vollständig neu hergestellt, ebenso das Gehäuse des Spielschranks und die verlorengegangenen Rückwände des Rückpositivs.
Sechs Ventilatoren produzieren den Wind für die 8.000 Pfeifen. der kräftigste versorgt Pedal und die Barkermachinen, die fünf anderen beliefern die manuale, in deren Nähe sie aufgestellt sind. Alle sind in schalldämmenden Gehäusen aufgestellt.
Die Regulierung des Windes und die verschiedenen Winddrücke (zwischen 90 und 175 mm) wird durch 23 Magazinbälge besorgt. Jedes Werk, mit ausnahme des Rückpositivs, verfügt über wenigstens drei verschiedene Winddrücke für Baß, Mittellage und Diskant. Das Grand-Choeur hat vier Drücke; denn seine Tuben stehen auf hohern Winddruck von 150 mm WS. Die Chamaden im solo haben sechsfach gestuften Winddruck vom großen bis zum viergestrichenen C, was einzigartig in der Welt ist.
Die Spieltraktur vom Spielschrank ist direkt mechanisch für Rückpositiv, von Barkermachinen unterstützt für die andere Manuale, das Pedal, die Manualkoppeln und ad libitum auch für das Hauptwerk.
Die Traktur vom Fahrbaren spieltisch aus geschieht durch Kabel. Eine elektronische Anlage (wie Setzer, die Melodiekoppeln und Prolongements) kodiert und dekodiert das Spiel des Organisten.
Das Instrument verfügt über 33 Windladen einschließlich der Einzelladen, auf denen die Prospektpfeifen und großen Pedalpfeifen stehen.
Die neue Orgel wurde mit zwei Konzerten von Jean Guillou am 21. und 22. September 1989 eingeweiht.
Montagehalle 1988: View the embedded image gallery online at: https://vandenheuvel-orgelbouw.nl/de/cms/frankrijk-de/sainteustacheparis-de#sigProId8591fff192 | 19 Bilder von Karsten Unverricht (Situation Oktober 2003): View the embedded image gallery online at: https://vandenheuvel-orgelbouw.nl/de/cms/frankrijk-de/sainteustacheparis-de#sigProId5e642a8190 |